Was macht die Kulturdezernentin auf dem Wochenmarkt?

Sie kauft ein: seit 26 Jahren, je nach Berufs- und Familiensituation zu unterschiedlichen Uhrzeiten – manchmal auch auf den allerletzten Drücker, je nach Kopfzahl in unterschiedlichen Mengen und mit unterschiedlichen Gefährten vom Fahrrad bis hin zum Bollerwagen, mit oder ohne Begleitung.

Historisch gesehen spiegelt der Markt das gesamte Feld zwischen „cultura“, Ackerbau und Viehzucht, und „cultus“, Achtung, Wertschätzung, ja vielleicht auch Kult.

Anbauen, pflegen, bewahren: das ist Tradition und wird auf dem Markt bewusst gehegt und gelebt.

Daneben ist der Markt seit alters her Ort lebendigen Kulturaustausches:

Kochtipps, Hausrezepte, Pflanzen- und Gartenberatung gibt es als Gratisbeigabe.

Als Lernort ist der Markt Ziel für Exkursionen: Was wächst wo wie? Hier findet Verbraucheraufklärung statt, werden Kenntnisse vermittelt, die der Generation Supermarkt verloren zu gehen drohen. Die Probe aufs Exempel ist relativ einfach durchzuführen: Gehen Sie mit einem Stängel Rosenkohl im Rucksack durch die Fußgängerzone – Sie glauben nicht, wie oft Sie angesprochen werden.

Der Markt bietet vollwertige Ernährung, und das schon seit geraumer Zeit:

Schon vor 20 Jahren – die ersten Programmen zur gesunden Ernährung für Schüler kamen auf –

bot ein Obstbauer hier für Kindergärten und Schulen kistenweise Äpfel für einen minimalen Preis.

Wochenmarkt – das heißt Treffpunkt für Generationen, Begegnung, persönlicher Austausch. Je nach Uhrzeit wechselt die Altersstruktur und das Zeitpensum der Kundenschar. Auf dem Markt darf man sich Zeit lassen, und der Einkauf kleinster Mengen, ganz nach persönlichem Bedarf und Transportmittel, ist möglich.

Die Kreuznacher Spezialität, besonders am Freitagmorgen: das „Kartoffelradio“ wirkt und summt und vermittelt O-Töne und direkte Bürgernähe - hin und wieder auch eine sehr direkte Kommentierung der politischen Arbeit.

Dann zieht der Markt zahlreiche Besucher aus der Region nach Bad Kreuznach – der Einkauf auch in den Läden boomt, die Stadt lebt und zeigt sich von ihrer besonders attraktiven Seite.

Was also macht die Kultur hier nahezu jeden Freitag:

Sie kauft ein – öko und regional produziert

Ich weiß, wie mein Brot wächst, wo mein Gemüse reift, was die Hühner fressen. Mein Metzger kennt zwar nicht mein Schwein, aber mit Sicherheit den Bauern persönlich. Für meine Familie möchte ich keine Hormone im Fleisch und keine Chemie in Getreide, Obst und Gemüse.

Das – nach einer Studie – bei nahezu jedem Probanden heute Unkraut-Ex im Körper nachweisbar ist, sollte uns mehr als nur nachdenklich stimmen.

Der Mensch ist, was er isst. Aber er muss auch begreifen, was er isst.

Daher ist es gut, dass wir Ökotage und Tage der Region haben. Ein großer Dank an alle, die sich unermüdlich dafür einsetzen.

Bio boomt auf dem Wochenmarkt: Ja, das Bewusstsein für gesunde Ernährung greift um sich, und das ist gut so. Mehr als einen Boom, eine schnelle Welle, wünsche ich mir jedoch eine auf Dauer angelegte Konjunktur:

Eine umsichtige, nachhaltige Agrikultur braucht Zeit – zum Wachsen und Gedeihen.

Die Nachfrage in Bad Kreuznach und der Region besteht. Hier ist ein guter Ort, Wurzeln zu schlagen.

 

28.08.13 Andrea Manz, Kulturdezernentin